Im letzten Jahr hatte ich das Privileg, während der Elternzeit mit meiner Familie durch Amerika reisen zu dürfen. Wie bei jeder Reise versuchten wir, jeden Sonntag einen Gottesdienst zu finden. Am letzten Sonntag in Amerika gingen wir, auf Empfehlung von Freunden hin, in die Vintage Faith Church in Santa Cruz, südlich von San Francisco. Meine Kinder erlebten einen großartigen Kindergottesdienst und ich erlebte einen schönen, bunten und ermutigenden Gottesdienst.
Anschließend kamen wir mit der „Director(in) of Family Ministries“ in ein längeres Gespräch und sie lud uns als Familie in ihr „Gemeinde“-Café ein. (Das coolste, sympatischste, stylischste und leckerste Café, in dem ich je in Amerika war. >>The Abbey Coffee <<) Als ich vor dem bärtigen Barista in der Warteschlange stand, fiel mir ein Buch auf, das es dort zu kaufen gab. Der Autor kam mir irgendwie gekannt vor… und auf einmal fiel es mir wie Schuppen von den Augen! Dan Kimball. Über diesen Pastor und seine Sicht auf Gemeinde und Gottesdienste hatte ich im Theologiestudium mal ein Paper geschrieben. (Zielgruppenorientierte Gottesdienste bei Rick Warren und Dan Kimball: Analyse des Buches „Emerging Church“) Jetzt war ich durch Zufall dort und konnte mal eben live ein Gemeindeformat kennen lernen, das nicht zum „christlichen Mainstream“-Gemeindebau gehört und sehr innovative und Retro(Vintage)-Wege geht, um eine neue Generation für Jesus zu begeistern.
Während des ausführlichen Gesprächs mit der „Director(in) of Family Ministries“ (Ich liebe solche Titel in den USA! 🙂 ) ergab es sich, dass sie Dan Kimball aus seinem Gemeindebüro holte und wir einige Zeit über Gemeindebau in Deutschland und im Westen von Amerika, außerhalb des „Bible Belts“, sprachen. Interessant waren für mich die Gemeinsamkeiten der Herausforderung junge Menschen zu erreichen und seine Ausdauer im Dienst.
Unser Gespräch endete damit, dass die beiden in einer sehr unaufdringlichen und ermutigenden Weise für uns als Familie und unseren Dienst in Hannover beteten. Für meine Frau und mich war das ein bedeutsames und irgendwie auch sendendes Ende unser Elternzeit und eine Stärkung für unser Calling zurück nach Hannover!
Warum lässt mich diese Gemeinde gedanklich nicht los? Zwei Wochen nachdem wir wieder in Deutschland waren, bekamen meine Kinder eine schöne und persönliche Postkarte von besagter Leiterin des Kindergottesdienstes. (Beim Abgeben der Kinder in den Kindergottesdienst werden aus Sicherheitsgründen in vielen Gemeinden standardmäßig die Adresse und Telefonnummer der Eltern erfragt.)
Wir haben uns als Familie richtig wohl gefühlt als Gäste in dieser Gemeinde! Nicht nur aufgrund des kostenlosen Flat White und der großen Croissants für meine Kinder. Wir fühlten uns einfach nicht als Nummer in einem Gottesdienst, sondern wurden mit Zeit, Gemeinschaft und Gesprächen beschenkt, ohne das Gefühl zu haben, sie wollten uns zu irgendetwas gewinnen oder für etwas überzeugen. Wir waren keine potenziellen Mitglieder, Mitarbeiter oder Spender. Trotzdem waren wir einfach herzlich willkommen! Gleichzeitig faszinierten mich dort sehr die Theologie, die Leidenschaft, der Style und der reflektierte Ansatz Gemeinde zu bauen. Ansätze dazu finden sich auch im Buch von Jay Y. Kim, einem Pastor derselben Gemeinde, mit dem Titel „Analog Church. Why We Need Real People, Places, and Things in the Digital Age„, welches vor ungefähr einem Monat herausgekommen ist. Besonders mit der Coronazeit im Hintergrund ist es ein spannendes Buch, welches sich mit vielen neueren amerikanischen Gemeinde-Trends (Online Church, Multisite Church, Lobpreiskultur,…) auseinandersetzt. Diese Themen finden sich natürlich auch in Deutschland und verstärkt bei größeren Gemeinden. Durch Corona ist jedoch gerade jede Gemeinde eigentlich eine „Online Church“ geworden. Ein spannendes Buch, welches die Gemeinde vor Ort feiert und reflektiert und dazu motiviert, sich mit neueren Trends der Online-Formate zu beschäftigen.
„Analog Church is a wake-up call and asks us some tough, much-needed questions—whether our rush into the use of whatever new technology is available is helping or hurting people’s understanding of God, worship, church, and themselves.“ Dan Kimball
Thank you Vintage Faith Church !
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